Italienische FS ALe 801 und ALe 940

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Mit der zunehmenden Urbanisierung Italiens in den 1960er- und 70er-Jahren stieg auch der Bedarf nach modernen, leistungsfähigen Nahverkehrszügen. Um auf die gestiegenen Pendlerströme rund um Metropolregionen wie Rom und Neapel zu reagieren, entwickelte die italienische Staatsbahn Ferrovie dello Stato (FS) gemeinsam mit FIAT Ferroviaria und anderen Herstellern eine neue Triebwagen-Generation: die elektrischen Einheiten ALe 801 und ALe 940.

Die Fahrzeuge wurden ab 1975 in Dienst gestellt und waren das Ergebnis eines gezielten Modernisierungsprogramms. Technisch basierten sie auf Erfahrungen mit der vorhergehenden Baureihe ALe 803, wurden jedoch in verschiedenen Punkten verbessert. Die Züge waren auf schnelle Beschleunigung und hohe Fahrgastkapazitäten ausgelegt – ideal für die kurzen Haltestellenabstände im urbanen Raum. Jeder Zugverband bestand aus einem ALe 801 und einem ALe 940 an den Enden, mit bis zu zwei dazwischen gekuppelten Mittel- oder Steuerwagen. Dieses feste Verbandskonzept erleichterte Wartung und Planung.

Insgesamt wurden 150 Triebwagen (75 ALe 801 und 75 ALe 940) gefertigt. Die erste Serie wurde von Savigliano, SOFER und Officine Meccaniche della Stanga gebaut, während die elektrische Ausrüstung von Ercole Marelli und Italtrafo geliefert wurde. Die Fahrzeuge verfügten über vier Antriebsmotoren (je 325 kW), betrieben mit 3 kV Gleichspannung, die eine Maximalgeschwindigkeit von 130 km/h ermöglichten – völlig ausreichend für den S-Bahn-Verkehr.

Besonders markant war das Erscheinungsbild: Anfänglich trugen sie die klassisch-orangefarbene Lackierung mit gelben Streifen, typisch für italienische Nahverkehrszüge dieser Ära. Mit der Zeit wurde diese durch das XMPR-Farbschema ersetzt – eine Kombination aus Grün, Weiß und Hellblau, die ab den späten 1990er-Jahren in Italien zur Standardlackierung für Regionalzüge wurde. Dieses neue Design war Ausdruck des Imagewandels der FS hin zu einer moderneren Bahnmarke unter dem Banner Trenitalia.

Ihr Haupteinsatzgebiet waren Vorortlinien in der Region Latium sowie Strecken rund um Neapel und Sizilien. Besonders auf der Strecke Rom – Nettuno, einer der am stärksten frequentierten S-Bahn-Linien des Landes, waren die Züge jahrzehntelang im Einsatz. Ihre robuste Bauweise und einfache Wartung machten sie zu einem zuverlässigen Rückgrat des Pendlerverkehrs – trotz fehlender Klimaanlage und teils veralteter Innenausstattung, was sie am Ende ihres Lebenszyklus auch zum Symbol einer längst vergangenen Eisenbahngeneration machte.

Mit dem Aufkommen moderner Triebzüge wie dem Minuetto oder dem Jazz wurden die ALe 801/940 ab den 2000er-Jahren zunehmend ausgemustert. Dennoch hinterließen sie bleibenden Eindruck – sowohl im Alltag als auch in der Eisenbahngeschichte Italiens. Einige Einheiten wurden zu Dienstfahrzeugen oder Messzügen umgebaut. Einzelne Exemplare sind museal erhalten, etwa im Depot von Pistoia, das für seine historische Sammlung italienischer Schienenfahrzeuge bekannt ist.

Heute lebt ihr Erbe weiter – nicht nur in Erinnerungen, sondern auch auf Shirts. Ob im knalligen Retro-Orange oder im dezenten XMPR-Look: Die ALe 801/940 stehen für ein Stück lebendige Eisenbahnkultur. Sie erinnern an eine Zeit des Umbruchs, als Italien begann, sein Schienennetz auf die Anforderungen der Moderne auszurichten – mit Stil, Kraft und einem markanten Gesicht an der Zugfront.

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