Skoda BEMU

ČD-Baureihe 690 BEMU (Škoda RegioPanter) – Tschechiens neuer Batteriezug

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Kurz gesagt: Die ČD-Baureihe 690 – auch bekannt als Škoda RegioPanter BEMU – ist der erste batterieelektrische Triebzug von České dráhy (ČD). Diese zweiteiligen Niederflur-Einheiten kombinieren konventionellen Fahrleitungsbetrieb mit leistungsfähigen Batterien, um auch ohne Oberleitung fahren zu können. Entwickelt vom tschechischen Hersteller Škoda Group, sollen sie ab Ende 2024 in der Region Mährisch-Schlesien (Moravskoslezský kraj) alte Dieselzüge ablösen und für umsteigefreie, umweltfreundliche Verbindungen sorgen.

Hintergrund und Entwicklung

Die Einführung der Baureihe 690 BEMU ist ein direktes Resultat der Modernisierungsstrategie im Mährisch-Schlesischen Kraj im Nordosten Tschechiens. Diese Region schloss 2023 einen zehnjährigen Verkehrsvertrag mit ČD ab – und stellte als Bedingung die Beschaffung von Batterietriebzügen. Ziel war es, die Elektrifizierungslücken im Regionalverkehr zu überbrücken, ohne weiterhin auf Dieselzüge angewiesen zu sein. Wo bisher an Endbahnhöfen der Oberleitung ein Umstieg in Dieselfahrzeuge nötig war, können Reisende dank der BEMU-Technik künftig sitzenbleiben. Die batterieelektrischen RegioPanter ermöglichen durchgehende Verbindungen, was Fahrzeit und Komfort verbessert. Zudem passt die Anschaffung in das Konzept der Region, die Ökologisierung des Verkehrs voranzutreiben. Geplante Streckenelektrifizierungen und die Umstellung des tschechischen Bahnstromsystems (von 3 kV Gleichstrom auf 25 kV Wechselstrom) untermauerten die Entscheidung, frühzeitig auf flexible Akku-Züge zu setzen.

Die Entwicklung der Baureihe 690 knüpft an Škodas etablierte RegioPanter-Familie an. Seit 2011 liefert Škoda (über die Tochter Škoda Vagonka in Ostrava) moderne Elektrotriebzüge der Reihe 7Ev an ČD, die alte Garnituren ersetzen. Im Jahr 2023 entschied man schließlich, vier der neuesten Züge zusätzlich mit Lithium-Titanat-Batterien auszurüsten. Diese vier Prototyp-Einheiten – die ersten „Panter” mit Akku – wurden im November 2024 ausgeliefert. Noch vor dem Fahrplanwechsel 2024/25 begannen Probefahrten, um die neue Technik im Realbetrieb zu erproben. Bereits auf der Messe Rail Business Days im Juni 2024 wurde ein batteriebetriebener RegioPanter der Öffentlichkeit vorgestellt. Die positiven Testergebnisse und das Interesse der Region führten schließlich zu einer größeren Bestellung: 15 weitere Batteriezüge wurden 2024 bei Škoda geordert. Diese zweite Generation (Typ 15Ev 3) befindet sich seit 2025 im Bau und soll ab Anfang 2027 den Vollbetrieb aufnehmen.

Geschichte des Werks Škoda und der Batterietechnik

Der Hersteller Škoda Group – insbesondere das Werk Škoda Vagonka – kann auf über 100 Jahre Erfahrung im Schienenfahrzeugbau zurückblicken. Die Produktion von Waggons und Triebwagen begann bereits 1900 in Studénka nahe Ostrava, und seit 2005 gehört Vagonka zur Škoda-Gruppe. Innovation hat bei Škoda Tradition: Schon in den 1930er-Jahren baute man in Pilsen eine der ersten Akku-Lokomotiven überhaupt. In den letzten Jahrzehnten knüpfte Škoda an diese frühen Erfolge an – etwa mit Batterien ausgestatteten Straßenbahnen (seit 2015 im Einsatz in der Türkei) und Dual-Mode-Oberleitungsbussen, die Fahrleitung und Batterie kombinieren. Die RegioPanter-BEMU setzen diese Reihe fort und markieren einen wichtigen technologischen Meilenstein für die tschechische Bahnindustrie.

Technische Daten und Design der Baureihe 690

Die Baureihe 690 RegioPanter ist ein zweiteiliger Niederflurtriebzug mit elektrischem Doppelantrieb. Jeder Zug verfügt über zwei Wagenkästen aus Aluminium, die kurzgekuppelt sind. Beide Endwagen besitzen an einem Ende einen Führerstand und ruhen je auf einem angetriebenen Drehgestell und einem Laufdrehgestell. Die vier Asynchron-Fahrmotoren leisten zusammen dauerhaft 1.360 kW (4×340 kW). Unter Fahrdraht erreicht der Zug eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h, im Batteriemodus sind es maximal 120 km/h. Die Batteriekapazität der Lithium-Titanat-Akkus beträgt rund 320 kWh, was für eine Reichweite von etwa 80 km ohne Oberleitung ausreicht. Diese drei großen Batteriepakete sind auf den Dachflächen montiert und können während der Fahrt stetig aus der Oberleitung nachgeladen werden. Zudem wird Bremsenergie rekuperativ in die Akkus zurückgespeist, um die Reichweite zu erhöhen.

Eine Besonderheit stellt die Ladetechnik unter dem in Tschechien verbreiteten 3-kV-Gleichstromfahrdraht dar. Aufgrund von Strombegrenzungen kann pro Zug nur mit ca. 600 kW geladen werden, was die Ladezeit verlängert. Daher entwickelte man ein innovatives Oberleitungs-Upgrade: An ausgewählten Ladestellen wird der Fahrdraht doppelt geführt, sodass der Stromabnehmer gleichzeitig vier Kontaktpunkte hat statt zwei. Damit lässt sich der Ladestrom auf etwa 350 A erhöhen und der Ladevorgang deutlich beschleunigen. Die Züge selbst sind mehrsystemfähig ausgeführt (3 kV = und 25 kV 50 Hz ~), um sowohl das aktuelle als auch das zukünftige Bahnstromsystem nutzen zu können. Sie sind mit dem Europäischen Zugsicherungssystem ETCS sowie einer ATO-Schnittstelle (Automatischer Fahrbetrieb) ausgerüstet.

Die Wagen bieten insgesamt 150 Sitzplätze, darunter 8 Sitzplätze in der 1. Klasse. Durch die Anordnung einzelner Sitze mit Armlehnen und größere Klapptische hebt sich die 1. Klasse deutlich vom Rest ab – trotz der kompakten Zuglänge. Etwa 65 % der Bodenfläche sind niederflurig, was einen barrierefreien Einstieg an Bahnsteigen ermöglicht. Breite Doppeltüren (je 150 cm) an vier Einstiegsbereichen pro Zug erlauben schnellen Fahrgastwechsel. Im geräumigen Mehrzweckbereich finden bis zu 9 Fahrräder und 4 Kinderwagen oder Rollstühle Platz. Dort sind Klappsitze an den Wänden angebracht und Haltegurte für Fahrräder integriert, um flexible Nutzung zu gewährleisten. Zur Ausstattung gehören weiterhin Klimaanlage, eine großzügige Universal-Toilette (rollstuhlgerecht mit Wickeltisch) und zeitgemäße Fahrgastinformation über Bildschirme. Selbstverständlich verfügen die Züge über kostenloses WLAN und Steckdosen/USB-Anschlüsse an den Sitzen zum Aufladen elektronischer Geräte. Insgesamt zeichnet sich der RegioPanter durch ein modernes, freundliches Interieur mit viel natürlichem Licht aus – konzipiert für attraktive Regionalreisen ohne Emissionen.

Geplanter Einsatz und Perspektiven

Die ersten vier Akku-Panter (ČD 690.2) gingen pünktlich zum Fahrplanwechsel im Dezember 2024 in den Pilotbetrieb. Seit dem 15. Dezember 2024 bedienen sie als Linie S8 die Strecke Ostrava–Veřovice über Studénka und Štramberk. Diese Relation in der Region Ostrava war prädestiniert für den Testeinsatz, da hier eine Mischung aus elektrifizierten Abschnitten und Nebenstrecken ohne Fahrdraht vorkommt. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend: In weniger als einem Jahr legten die ersten vier BEMU zusammen über 500.000 Kilometer zurück – fast die Hälfte davon im Batteriebetrieb. Durch den Wegfall von Dieselzügen konnten jährlich rund 200.000 Liter Diesel und 500 Tonnen CO₂ eingespart werden. Gleichzeitig stieg auf der umgestellten Linie die Fahrgastzahl um bis zu 20 %, was die Attraktivität der neuen Züge unterstreicht. Diese Verbesserungen zeigen bereits deutlich das Potenzial der Technologie, sowohl ökologisch als auch in Bezug auf den Kundenandrang.

Bis Ende 2026 sollen nun alle 15 neu bestellten BEMU-Züge ebenfalls ausgeliefert sein. Die Škoda-Werke präsentierten im September 2025 auf der Messe TRAKO in Danzig die erste Einheit der neuen Serie (Triebzug 690.001) der internationalen Öffentlichkeit. Ab Fahrplanjahr 2027 wird die ČD-Baureihe 690 dann flächendeckend im Mährisch-Schlesischen Kraj zum Einsatz kommen. Geplant ist der Einsatz auf mehreren wichtigen Regionalstrecken: unter anderem Ostrava – Opava – Krnov, Ostrava – Nový Jičín, Ostrava – Budišov nad Budišovkou sowie im Netz Ostrava–Karviná–Český Těšín–Frýdek-Místek. Insgesamt ersetzt ČD mit den 19 Batteriezügen (4 Pilot + 15 Serie) knapp 50 ältere Fahrzeuge im Nordosten des Landes. Dies umfasst alte Dieseltriebwagen und lokbespannte Garnituren, die bislang für Fahrten in nicht elektrifizierte Abschnitte notwendig waren. Künftig werden alle wichtigen Verbindungen dieser Region umsteigefrei mit modernen, leisen Elektrozügen bedient, selbst wenn Teilstrecken (noch) keine Oberleitung haben.

Die Einführung der Baureihe 690 BEMU in Tschechien steht exemplarisch für einen europaweiten Trend. In vielen Ländern suchen Bahnbetreiber nach Hybrid- oder Batterie-Fahrzeugen, um Dieseltriebzüge auf Nebenstrecken abzulösen und den Schienenverkehr klimaneutral zu machen. Batteriezüge wie der RegioPanter bieten den Vorteil, sofort einsetzbar zu sein, ohne auf den langwierigen Ausbau der Fahrleitungsinfrastruktur warten zu müssen. Natürlich geht die neue Technologie auch mit höheren Kosten einher – pro Zug sind die BEMU-Versionen schätzungsweise 1,4 Millionen Euro teurer als reine Elektrotriebzüge. Doch die Investition rechnet sich durch Einsparungen bei Energiekosten und Wartung sowie durch Förderprogramme für umweltfreundliche Mobilität. Škoda-CEO Petr Novotný betont zudem das Exportpotenzial dieser Lösung für Regionen Mittel- und Osteuropas. Die ČD-Baureihe 690 zeigt somit bereits heute, wie die Zukunft des Regionalverkehrs aussehen kann: elektrische Zugverbindungen ohne Abgase, ohne Umsteigen – und mit einem Plus an Komfort für die Fahrgäste.

Quellen

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